Die Chance
Hier etwa glaube ich, dass ich aufhören soll. Ich
habe euch genug ermüdet.
Nachdem ich euch das "Herz schwer
gemacht habe"
mit den pessimistischen Prognosen des ersten Teils,
"bohre ich nun in eurem Hirn herum" mit den Einzelheiten
einer Utopie, die nicht realisiert werden wird.
Wird sie nicht?
Wer weiß, was wird und was nicht
wird?
Wer ist in der Lage die Zukunft vorauszusehen?
Nur der jenige, der die Zukunft geplant hat.
Derjenige der sagt:
"Dieses Glas wird demnächst vom Tisch fallen
und zerspringen".
Und er gibt ihm einen Stoß, und aus ist es mit dem
Glas.
Und der andere, der sagt:
"In diesem Areal wird in sechs Monaten ein
Kinderspielplatz stehen".
Und er rennt von Behörde zur Behörde,
und er schlägt sich mit den
Bürokraten herum, und er holt
die Unterschriften, und er treibt die Gelder auf, und er bringt
die Bulldozer, und er ist am Ende seiner Kräfte, aber in sechs
Monaten spielen dort die Sprösslinge, und die ganze Gegend
ist voll von ihrem Geschrei.
Kein anderer.
Was die, die uns führen beschlossen
haben,
ist, glaube ich, klar genug.
Sie strecken schon die Hand, das Glas zu schmeißen,
um in tausende Stücke zu zerfallen.
Wir, was haben wir beschlossen?
Werden wir den Kinderspielplatz bauen?
Von dieser Entscheidung wird alles abhängen.
‒
Aber was
haben wir für Möglichkeiten, sind nicht
alle Wege gesperrt? Im ersten Teil des Textes
wurden wir überzeugt, dass das System für alles
vorgesorgt hat.
Ja, so ist es, oder so scheint es zu sein.
Das ist aber nicht das Wichtigste.
Das Wichtigste ist, ob wir uns
"wie die Hühner hinsetzen"
werden, um gepackt
und zum Schlachten geführt zu werden, oder ob
wir uns entschließen, etwas dagegen zu unternehmen.
Wenn wir uns entschließen,
könnten wir vielleicht einen Rettungsweg
finden.
Vielleicht. Eine Garantie gibt es
nicht.
Wir hätten es aber zumindest
versucht.
Wenn wir uns nicht entschließen, dann wird ganz
sicher nichts geschehen.
Das ist garantiert.
Die größte Stärke des jetzigen Systems
ist unsere Gleichgültigkeit, unsere Trägheit, unsere Tatenlosigkeit.
·
Das "was geht es mich an",
·
das "wir haben es ja so gut"
und
·
das "soll ich etwa die Welt retten?".
‒
Angenommen,
wir hätten den Entschluss gefasst,
was könnten wir tun?
Zunächst nur miteinander reden.
Nichts mehr. Großen Spielraum haben
wir nicht.
Und vielleicht brauchen wir nicht viel mehr zu tun.
Wenn solche Ansichten sich verbreiten
und gar von
der Mehrheit akzeptiert werden, dann ist Schluss.
Wenn die allgemeine Anerkennung
nicht dem Besitzer der zwei signierten
Anzüge gebührt,
sondern dem, der mit seinem einzigen Chiton herumläuft,
weil er den zweiten schon einem ganz Nackten gegeben
hat, dann werden wir in eine neue Epoche eingetreten sein.
Im Moment ist das einzige, was wir brauchen, die
Nachricht zu verbreiten:
"Der König liegt im Sterben".
Wenn es uns in seinem Todeskampf nicht
vollkommen zerschlägt,
hätten wir die Chance, den
Kinderspielplatz zu bauen.
‒
Und wie kommt
dieser Kontakt zustande?
Wie werden wir die Nachricht verbreiten?
Werden wir die Massenmedien
benutzen?
Ich glaube nicht, dass das System seine stärkste
Waffe,
die Massenmedien, uns anbieten wird, um
sie
gegen sich selbst zu richten.
Wir müssen andere Wege finden.
Wir können noch miteinander reden.
Vielleicht zeigen unsere Freunde größeres
Interesse
für eine solche Diskussion, statt
dass wir ihnen die letzten
Nachrichten über die Liebesaffäre der Schauspielerin X
oder die Details des Verbrechens Y berichten.
Wir können auch Briefe oder SMS schreiben.
Wenn jemand einen Journalisten kennt,
der dem Sieb des
Systems entkommen ist, und als "Geheimagent" in dem
System selbst "schlummert", soll seinen Beistand fordern.
Er würde schon einen Weg finden, etwas zu tun.
Es gibt schließlich noch etwas,
das lästig, wenn nicht
gar gefährlich für das System werden kann.
Das was wir gerade in diesem Moment tun.