Die "Hochschule" der Werbung

Und nun kommen wir zu der Krönung der Erziehung.

Zu der "Hochschule der Bildung", zu der Werbung.

Da könnte mir jemand sagen:

"Wir schauen ja keine Werbung an".

Ihr müsst aber, weil eure Kinder meistens die Werbung sehen.

Sie schauen sie nicht bloß an, sie saugen sie ein.
Und durch die Wiederholungen identifizieren sie
sich ganz mit ihr. Die Slogans lernen sie auswendig,
und sie wiederholen sie in den Schulpausen.

Werbung wird nicht von irgendwelchen Idioten gemacht.

Sie wird von sehr fähigen Leuten mit Spezialausbildung
und großer Erfahrung gemacht. Und sie hat, das sollten
wir nie vergessen, unsere Kinder als Ziel. Wir sollten sie
anschauen und zwar mit großer Aufmerksamkeit.

Die Werbung lehrt sehr viele Sachen.

Betrachtet bitte aufmerksam einen Werbespot.

Sagen wir über die Radieschenkonserve der Firma X.

Bezieht sie sich ausschließlich auf die Radieschen?

Etwas anderes lehrt er uns nicht?

Habt ihr nicht gesehen, wie das Gesicht aller Mitglieder
der Familie vom Glück erstrahlte, als die Konserve in
Erscheinung trat?

Habt ihr nicht verstanden, dass es falsch war, zu glauben,
dass das Glück ein seelischer, von jeglichen materiellen
Gütern unabhängiger Zustand ist, den man erst nach einem
sehr seriösen innerlichen Prozess erlangt?

Wir haben es falsch geglaubt.

Textfeld: Die Werbung lehrt uns die Wahrheit. 
Glück ist etwas ganz einfaches, das jeder im Supermarkt kaufen kann, und zwar für den Preis einer Konserve.

Unter einigen Voraussetzungen natürlich,
die jedoch vom gleichen Werbespot aufgezählt werden.

Habt ihr gesehen, was die ganze Familie trägt?

Alle sind nach dem letzten Modediktat gekleidet.

Wenn du nicht nach der Mode gekleidet bist, erwarte kein Glück.

Das Geschirr auf dem Tisch, habt ihr das gesehen?
Habt ihr bemerkt wie luxuriös es war? Ohne prunkvolles
Geschirr, gibt es kein Glück. Die Möblierung der Küche
und ihre Ausstattung mit den neuesten Geräten ist sie
euch aufgefallen? Den riesigen Garten mit dem
Schwimmbecken, der aus dem Fenster zu sehen ist,
habt ihr ihn bemerkt?

Die Lektion ist, glaube ich, ganz klar.

Glück ist etwas, was man mit wenig Geld kaufen kann,
wenn man die Voraussetzungen besitzt, die mit sehr
viel Geld erworben werden können.

Textfeld: Gegenüber der Macht dieser Lehre, was meint ihr, kann die Bemühung eines idealistischen Lehrers ausrichten, der sich in seiner Vorlesung traut, die Bescheidenheit und die Genügsamkeit zu verkünden?

Die gleiche, aber ganz exakt die gleiche,

Lektion lehrt die Werbung für die Kekse Y
und das Waschpulver Z.

Alle Werbespots lehren genau das gleiche.

Unser Geist steckt in der Falle der Lügen,
des billigen Klatsches und der Jagd nach dem Luxus.

Raum für das freie Denken, das dem System
bedrohlich werden könnte, gibt es nicht.

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