Tiger, Spinnen und Krähen

Aber wieso, würdet ihr sagen. Der Unsrige hat eine Menge Spielzeuge.

Sein Zimmer ist voll davon, mit kunststofflichen
und mit blechernen. Da, gestern noch hat ihm
sein Onkel einen richtigen Roboter gekauft, der
läuft, Blitze aus den Augen wirft und schießt.

Einverstanden. Spielzeuge hat er. Spielt er aber?

Mal sehen, wie lange er mit diesem Roboter tatsächlich
spielen wird. Wenn er spielen kann, und wenn der Roboter
zum spielen geeignet ist.

Er wird ihn natürlich seinen Freunden zeigen, damit sie neidisch werden,

er wird ihn ein paar mal in Funktion setzen, dann aber
wird er ihm überdrüssig. Übrigens kann der Roboter
nur laufen und schießen. Etwas anderes kannst du mit
ihm nicht anfangen.

Textfeld: Wenn du spielen kannst, brauchst du den Roboter nicht. 
Dir reicht der Nussknacker aus. 
Er kann zum Roboter, oder zum Krokodil, oder zum Kran, oder zum Raumfahrzeug, oder zu was du willst werden. 
Wenn du spielen kannst.

Ich habe den Eindruck, dass unsere Kinder
immer weniger spielen.

Ich sehe sie weder in den Höfen noch auf den
Plätzen noch auf der Strasse spielen.

Ich sehe sie natürlich im Omnibus, wenn sie von
der Nachhilfestunde zu der Englischstunde fahren.

Jedes hält in der Hand ein kleines Kästchen mit einem mini Bildschirm
und ein paar Knöpfchen. Wenn du auf einen bestimmten Knopf drückst,
dann schießt du einen "Todesstrahl", der manche Bösen, die plötzlich
auftauchen, eliminiert.

Und ich weiß auch, dass sie am Abend, indem sie
etwas Zeit vom Schlaf wegnehmen, ähnliche Spiele
mit ihrem Computer spielen.

Spiele, die höchste Geschwindigkeit der Reaktion erfordern,

dich in Spannung und Aufregung versetzen (wenn du die
Kinder beim Spielen siehst, sie atmen nicht einmal richtig)
und den Zweck haben, so viele Gegner wie möglich zu töten.

Textfeld: Das ist Ausbildung und das ist Erziehung. 
Die Erziehung zu der fürchterlichsten aller Taten. 
Die Erziehung zum Mord.

Ich habe selber ein solches Spiel gespielt, und ich kenne mich aus.

Sie haben so schöne Grafik und einen so lebendigen Ton,
dass du glaubst, du bist in einem Kinofilm und der Held des
Abenteuers, das du erlebst.

Ich höre, dass bei den neueren, entwickelten Spielen,

sich das Bild so weit verbessert hat, dass das
Blut der Opfer in sehr natürlicher Weise
ausströmt und herumspritzt.

Und die Opfer sind nicht immer nur die Bösen.

Es könnten einfach manche Passanten sein, die es
sich aber lohnt zu töten, weil außer der Befriedigung,
die dir die Tat selbst der Jagd und des Mordes gibt,
du noch beim Töten Punkte sammelst. Du erhöhst
dadurch deine Benotung. Die "Kollateral-Schäden"
haben auch ihre gute Seite. 

Diese Erziehung ist exakt in dem Sinne des Systems.

Jedes Kind sitzt ganz allein vor seinem Computer
gegenüber einer Welt voll von Feinden oder jedenfalls
Menschen, die zu vernichten es sich lohnt.

Der junge Pilot, der durch den Druck eines Knopfes eine Rakete auslöst,
welche eine Familie vertilgt, die sich versammelt hat,
um die Heirat ihre Tochter zu feiern,
muss sehr früh mit seiner Ausbildung begonnen haben.

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